Mitbestimmung: Betriebliche Mitbestimmung und Unternehmensmitbestimmung

Mitbestimmung: Betriebliche Mitbestimmung und Unternehmensmitbestimmung
Mitbestimmung: Betriebliche Mitbestimmung und Unternehmensmitbestimmung
 
Die betriebliche Mitbestimmung ist für die private Wirtschaft im Betriebsverfassungsgesetz geregelt und für den öffentlichen Dienst im Personalvertretungsgesetz (Personalrat). Die Unternehmensmitbestimmung umfasst die wirtschaftliche Teilhabe und die Mitbestimmung an der Leitung des gesamten Unternehmens, indem die Arbeitnehmer eigene Vertreter in das Aufsichtsgremium entsenden. Haben die Anteilseigner im Aufsichtsrat die Mehrheit, handelt es sich um einfache Mitbestimmung; bei der paritätischen Mitbestimmung sind beide Seiten in gleicher Anzahl vertreten. Die unternehmerische Mitbestimmung greift unmittelbar in die Entscheidungsbefugnisse der Kapitaleigner ein, indem sie den Arbeitnehmervertretern eine unmittelbare Einflussnahme auf unternehmerische Entscheidungen zugesteht. Der Gesetzgeber will so die Arbeitnehmer zu Partnern der Eigentümer »ihres« Unternehmens machen.
 
 Betriebsräte und betriebliche Mitbestimmung
 
Betriebsräte werden alle vier Jahre in geheimer und unmittelbarer Verhältnis- oder Mehrheitswahl von der Belegschaft gewählt. Arbeitnehmer, die mindestens 18 Jahre alt sind und dem Betrieb mindestens seit einem halben Jahr angehören sind wahlberechtigt; eingeschlossen sind auch Heimarbeitnehmer, jedoch nicht leitende Angestellte, für die mit dem Sprecherausschuss ein eigenes Vertretungsorgan vorgesehen ist. In Betrieben ohne Betriebsrat kann dessen Wahl durchgesetzt werden entweder durch wenigstens drei Wahlberechtigte oder durch die im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Falls in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte existieren, kann ein Gesamtbetriebsrat und in einem Konzern ein Konzernbetriebsrat errichtet werden. Für Unternehmen, die in der EU tätig sind, kann gegebenenfalls auch ein europäischer Betriebsrat gebildet werden. In Unternehmen mit mehr als 100 Arbeitnehmern kann ein Wirtschaftsausschuss eingerichtet werden, der der Unterrichtung des Betriebsrats über wirtschaftliche Angelegenheiten (wirtschaftliche und finanzielle Lage, Investitionsprogramme, geplante Verlagerung von Produktionsstätten) des Unternehmens dient. Betriebsräte genießen besonderen Kündigungsschutz und dürfen wegen ihrer Tätigkeit beruflich nicht benachteiligt werden. Sie sind für die Betriebsratsarbeit freizustellen und haben für Schulung und Fortbildung ein Recht auf bezahlte Freistellung. Nach dem Grad der Einflussnahme unterscheidet man Mitentscheidungs-, Mitsprache- (Mitwirkungs-)und bloße Informationsrechte; einen unmittelbaren Einfluss auf die Betriebsführung und ihre wirtschaftlichen Entscheidungen hat der Betriebsrat allerdings nicht. Neben der freiwilligen gibt es die zwingende Mitbestimmung (§87 BetrVG). Wenn sich bei Angelegenheiten, die der zwingenden Mitbestimmung unterliegen, Betriebsrat und Geschäftsleitung nicht einigen, muss die Einigungsstelle angerufen werden. Diese ist eine Schlichtungsstelle zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (paritätisch besetzt mit neutralem Vorsitzenden). Mitbestimmung findet ihren Niederschlag oft in Betriebsvereinbarungen, das sind kollektivvertragliche schriftliche Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, die für alle Arbeitsverhältnisse (Ausnahme leitende Angestellte) gelten. Betriebsräte wachen darüber, dass Gesetze und Vorschriften zum Schutze der Arbeitnehmer sowie Tarifverträge eingehalten werden. Wichtig ist das Einspruchsrecht in Fällen, in denen wesentliche Neuerungen im Betrieb geplant sind, die zu einer wesentlichen Änderung der Lage der Arbeitnehmer führen können, z. B. die Einführung neuer Arbeitsmethoden, Stilllegung oder Verlegung von Betriebsteilen, Zusammenschluss mit anderen Unternehmen. Um wirtschaftliche Nachteile auszugleichen oder zu mildern, die den Arbeitnehmern durch Betriebsänderungen entstehen, kann ein Betriebsrat auf Abschluss eines Sozialplans drängen.
 
 Die Unternehmensmitbestimmung
 
Diese Art der Mitbestimmung gibt es in Form des Mitbestimmungsgesetzes von 1976, der Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz von 1952 und des Montanmitbestimmungsgesetzes. Die Montanmitbestimmung gilt für die Unternehmen des
 
Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie, die als AG oder GmbH betrieben werden und mehr als 1000 Beschäftigte haben. Den Arbeitnehmern wird hier ein Mitbestimmungsrecht bei der unternehmerischen Planung und Entscheidung eingeräumt, indem entsprechende Vertreter im Aufsichtsrat und Vorstand (mit Arbeitsdirektor) aufzunehmen sind. Das Mitbestimmungsgesetz von 1976 erweitert die Montanmitbestimmung auf alle Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen. Ausgenommen sind Unternehmen der Montanindustrie sowie Tendenzbetriebe. Beschlüsse des Aufsichtsrats müssen mit einfacher Mehrheit gefasst werden. Bei Stimmengleichheit besitzt der Vorsitzende doppeltes Stimmrecht. Die einfache Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz von 1952 gilt v. a. für Unternehmen in Form der AG, Kommanditgesellschaft auf Aktien bis 2000 Beschäftigte. Hier stellen die Arbeitnehmer nur ein Drittel der Aufsichtsratssitze.

Universal-Lexikon. 2012.

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